Der Thomas-Welskopp-Dissertationspreis der German Labour History Association (GLHA) wurde 2024 an zwei Preisträger:innen vergeben: Kornelia Rung und Philipp Krauer.
Die Jury (bestehend aus: Prof. Dr. Stefan Berger, Dr. Sibylle Marti, Prof. Dr. Klaus Weinhauer, PD Dr. Knud Andresen, Prof. Dr. Christoph Marx, Prof. Dr. Detlev Brunner, Dr. Johanna Wolf, Prof. Dr. Dietmar Süß, Prof. Dr. Christian Koller, PD Dr. Wiebke Wiede) hatte eine schwere Auswahl zu treffen, da fünfzehn durchweg hervorragende Dissertationen eingereicht worden waren. Angesichts dieses dichten Bewerberfeldes wurde beschlossen, den Preis ausnahmeweise in diesem Jahr zweimal zu vergeben.
Kornelia Rung wurde ausgezeichnet für ihre Arbeit „‚Faire Arbeit‘. Solidarität in der Textil- und Bekleidungsindustrie in den 1970er und 1980er Jahren“, eingereicht an der Universität Augsburg. Knud Andresen hob in der Laudatio hervor, dass in der empirisch dichten und innovativen Arbeit hervorragend herausgearbeitet wurde, wie drei Akteursgruppen über „Faire Arbeit“ und Solidarität angesichts der Verlagerungen der Textil- und Bekleidungsindustrie in globalisierte Produktionsprozesse verhandelten. Die bundesdeutsche Gewerkschaft Textil und Bekleidung (GTB) versuchte, durch Handelsregulierungen und soziale Mindeststandards Arbeitsplätze in der Bundesrepublik zu erhalten. Die International Labour Organisation (ILO) tarierte Forderungen des globalen Südens und europäischer Produktionsstandorte aus, faire Arbeit sollte geteilte Arbeit sein. Schließlich nimmt sie auch zivilgesellschaftliche Akteure aus der sog. Dritten-Welt-Bewegung und der Frauenbewegung in den Blick, die mit Kampagnen wie „Jute statt Plastik“ den Konsum moralisieren wollten.
Sie grundierte gegenwärtige Diskussionen um „faire Arbeit“ historiographisch und zeigt Paradoxien aufgrund von widersprüchlichen Strategien einer weltweiten Arbeiterbewegung auf. Die Textil- und Bekleidungsindustrie erlebte weniger einen Niedergang, sondern die Krise traf die Arbeit in dieser Branchen.
Philipp Krauer wurde geehrt für seine an der ETH Zürich eingereichte Arbeit „Swiss Mercenaries in the Dutch East Indies: A Transimperial History of Military Labour, 1848-1914“. Die Laudatio hatte Christian Koller verfasst, da er leider bei der Preisverleihung nicht anwesend sein konnte, verlas Sibylle Marti den Text. Koller hob hervor, dass die Dissertation eine Pionierstudie ist, die sich mit den mehr als 5000 Schweizer Söldnern in der niederländischen Kolonialarmee beschäftigt. Die exzellente Arbeit trage zu mehreren dynamischen Feldern bei, darunter einer „New Imperial History“, der Geschichte der „kolonialen Schweiz“, der „New Military History“ und nicht zuletzt und auf innovative Art und Weise auch die „Global Labour History“. Krauer arbeitet in dreierlei Perspektiven: Dem Beitrag der europäischen Söldner zur Bildung des niederländischen Kolonialreichs in Südostasien und zur Entwicklung einer transimperialen Infrastruktur. Zweitens untersucht er das Inter-Agieren der Schweizer Söldner mit den kolonisierten Gesellschaften. Drittens fragt Krauer nach den vielschichtigen sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Rückwirkungen dieser Schweizer Imperialkarrieren auf die Schweiz des 19. Jahrhunderts. Die Arbeit leiste daher einen Beitrag zur Geschichte kolonialer militärischer Arbeit, der in seiner Tiefe, Quellenbasis und methodischen Reflexion seinesgleichen sucht. Durch die konsequente Rückbindung an Kolonialherrschaft und Kolonialökonomie arbeitet die Studie sehr anschaulich heraus, dass koloniales Söldnertum nicht nur ein Thema der Militär- und Gewaltgeschichte darstellt, sondern auch integraler Teil der „Global Labour History“ des kolonialen Zeitalters ist.
Kornelia Rung und Philipp Krauer stellten im Rahmen der Konferenz in Dortmund jeweils im Anschluss an die Laudationes ihre Arbeiten vor. Diese Texte werden in der Schriftenreihe der GLHA gemeinsam publiziert werden.
Bild: Von links nach rechts: Stefan Berger, Vorsitzender der GLHA, die beiden Preisträger*innen Philipp Krauer und Kornelia Rung sowie Sibylle Marti und Knud Andresen vom Vorstand der GLHA.